Stättigkeit

Mit dem Begriff Stättigkeit wird vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert hinein der besondere Status der Jüdinnen und Juden innerhalb der städtischen Gesellschaft bezeichnet. In den sogenannten Stättigkeitsordnungen wurde dieser Status in politischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht umfassend geregelt. Die wichtigste dieser Ordnungen in Frankfurt stammt aus dem Jahre 1616 und behielt für zwei Jahrhunderte Gültigkeit.
Sie sicherte den Jüdinnen und Juden einerseits ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Frankfurt zu und schützte sie vor Vertreibungen und Verfolgungen, die sie in anderen Städten Deutschlands und bis zum Fettmilch-Aufstand von 1614 auch in Frankfurt erdulden mussten. Allerdings galt sie nur für die einheimischen Jüdinnen und Juden, die in die Stättigkeit aufgenommen waren, nicht für die fremden Jüdinnen und Juden, die sich nur vorübergehend in Frankfurt aufhielten. Die Stättigkeitsordnung grenzte andererseits die Frankfurter Jüdinnen und Juden innerhalb der städtischen Gesellschaft zugleich aus, indem sie sie besonderen Beschränkungen unterwarf. So mussten die Jüdinnen und Juden im abgeschlossenen Ghetto, also in der engen Judengasse, leben, die sie nachts und an Sonn- und Feiertagen nicht verlassen durften. Sie mussten einen gelben Ring an ihrer Kleidung tragen, hatten keinen Anteil an der politischen Macht in der Stadt und waren in ihrer beruflichen Betätigung, insbesondere im Handel, vielfachen Beschränkungen unterworfen. Zudem begrenzte man die Zahl ihrer jährlichen Heiraten, um ihrer natürlichen Vermehrung vorzubeugen. Hinsichtlich ihrer internen Angelegenheiten wurde der jüdischen Gemeinde von der Stättigkeitsordnung dagegen eine weitgehende Selbstverwaltung zugebilligt.