Talmud

Talmud ist die Bezeichnung für das Erläuterungswerk zur Thora, den Fünf Büchern Mose. Da diese Auslegungen ursprünglich mündlich überliefert worden sind und erst später kodifiziert wurden, heißt der Talmud auch die "mündliche Thora". Er enthält die Auslegungen zur Thora mit den zahlreichen Meinungsäußerungen der Rabbinen zu deren Geboten und Verboten. Der Talmud besteht aus zwei Teilen, der Mischna und der Gemara. Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 christlicher Zeitrechnung wurden die Fünf Bücher Mose durch jüdische Gelehrte kontinuierlich erläutert und diese Kommentare mündlich weitergegeben. Ende des 2. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung wurde eine offizielle Auswahl der mündlichen Erläuterung von R' Jehuda Hanassi getroffen und als Mischna schriftlich niedergelegt. Die Mischna ist in sechs große Ordnungen gegliedert, die jede eine Reihe von Traktaten enthält. In den jüdischen Lehrhäusern Palästinas und Babyloniens wurden die Lehrsätze der Mischna im 3.,4. und 5. Jahrhundert von jüdischen Gelehrten und deren Schülern durch erläuternde und kritische Erörterungen ergänzt. Die dadurch entstandene ergänzende Überlieferung wird Gemara genannt. Nicht zu allen Teilen der Mischna gibt es weitere Ergänzungen in der Gemara. Ihre Erläuterungen haben die palästinensischen und babylonischen Hochschulen getrennt schriftlich niedergelegt. Im 5. Jahrhundert entstand der Talmud des Landes Israel, der auch palästinensischer Talmud oder "Talmud Jerushalmi" genannt wird. Im 6. Jahrhundert haben die Talmudgelehrten in Babylon den Babylonischen Talmud bearbeitet und herausgegeben. Er ist umfangreicher als der palästinensische Talmud und hat sich gegenüber diesem allgemein durchgesetzt. Der Talmud dient als religionsgesetzliche Grundlage für die Entscheidungen der Rabbiner. Gemäß seinen Festlegungen entscheiden sie über die Ausführung der Ge- und Verbote im täglichen Leben der orthodoxen Jüdinnen und Juden. Im Zuge antijüdischer Verfolgungen kam es immer wieder zu Talmudkonfiszierungen und Lernverboten, da der Misserfolg der christlichen Missionierung der Jüdinnen und Juden auf das Festhalten am Talmud zurückgeführt wurde. In der Pfefferkornschen Bücherkonfiskation gehörte der Talmud zu den konfiszierten Büchern. Im Mittelalter wurden übersichtliche Zusammenfassungen des Talmuds hergestellt. Bis auf den heutigen Tag steht das Studieren des Talmuds im Zentrum der jüdischen religiösen Hochschulen, der Jeschiwa, und nimmt für orthodoxe Juden einen zentralen Stellenwert ein.