Die Pfefferkornsche Bücherkonfiskation (1509/1510)

Im September 1509 erschien der getaufte Jude Johannes Pfefferkorn vor dem Rat der Stadt Frankfurt und wies eine Urkunde Kaiser Maximilians mit der Aufforderung vor, ihn bei der Beschlagnahmung aller hebräischen Bücher zu unterstützen. Insbesondere der Talmud enthalte Lästerungen des christlichen Glaubens und sei eine ketzerische Abweichung gegenüber der hebräischen Bibel. Begleitet von einigen Ratsherren und städtischen Geistlichen betrat Pfefferkorn die Judengasse und begann in der Synagoge mit der Konfiskation der hebräischen Bücher. Es gelang der jüdischen Gemeinde jedoch, durch eine Intervention beim Erzbischof von Mainz die Aktion zu stoppen. Unverzüglich schickte sie den Vorsänger der Gemeinde, Jonathan Zion, als Gesandten zum Kaiser nach Oberitalien, um die Bücher zurückzuerhalten und eine Fortsetzung der Konfiskation zu verhindern. Seine Bemühungen blieben jedoch erfolglos, so dass Pfefferkorn in einer zweiten Aktion im April 1510 über 1000 Bücher in der Judengasse beschlagnahmen konnte. Unerwartet bot sich jedoch kurz darauf den Jüdinnen und Juden ein Ausweg. Der Herzog von Braunschweig-Kalenberg hatte sich im Dienst des Kaisers tief verschuldet und seinen Schmuck bei den Frankfurter Jüdinnen und Juden versetzt. Um den Verkauf der Schmuckstücke zu verhindern, bat er Kaiser Maximilian um Hilfe. Der bot den Frankfurter Jüdinnen und Juden als Gegenleistung für eine Verlängerung der Pfandfrist die Rückgabe ihrer Bücher an. Johannes Pfefferkorn erreichte jedoch von Maximilian, dass trotz der Rückgabe der Bücher zumindest fünf Gutachten zur grundsätzlichen Klärung seiner Vorwürfe eingeholt werden sollten. Das Gutachten Johannes Reuchlins, der vor allem aus juristischen Gründen gegen die Beschlagnahme Stellung nahm, provozierte wütende Angriffe Pfefferkorns und der hinter ihm stehenden Kölner Dominikaner gegen Reuchlin, der wieder von Ulrich von Hutten und anderen berühmten Humanisten verteidigt wurde. Dieser jahrelange publizistische und juristische Streit mit den "Dunkelmännern", wie die Humanisten ihre Gegner nannten, wurde eines der zentralen geistesgeschichtlichen Ereignisse am Beginn der Neuzeit.