Der Frankfurter Börneplatz, die angrenzenden Quartiere und insbesondere die dortige Synagoge waren pulsierende Orte jüdischen Lebens in der Moderne, die weit über Frankfurt hinaus bekannt waren. 1882 feierlich eröffnet, entwickelte sich die Synagoge zu einem Kristallisationspunkt der jüdischen Renaissance, bevor sie am 10. November 1938 brutal zerstört wurde. Ihr materielles wie immaterielles Erbe ist heute vor Ort weitgehend unsichtbar. “Mapping Memories” will dies ändern. In einer temporären architektonischen Intervention und einer Ausstellung, mit Performances, Führungen, Diskussionen und digitalen Formaten wird Geschichte erfahrbar. Vier Tage lang verwandelt sich der Neue Börneplatz zum Ort einer lebendigen Auseinandersetzung: Was ist hier verschwunden und warum? Wie wollen wir erinnern? An was und wen?
Intervention auf dem Börneplatz
In ihrer installativen Intervention auf dem Neuen Börneplatz öffnen Prof. Nikolaus Hirsch und Prof. Dr. Michel Müller den Blick für die historische und soziale Dimension des Platzes. Die Architekten arbeiten dabei mit baulichen Elementen aus der Logistik: Paletten und Kisten beherbergen Funde aus archäologischen Grabungen am Börneplatz oder fungieren als Orte für Gespräche und Austausch. Die Frage, welche und wessen Geschichten dort erzählt werden und welche Leerstellen bleiben, rückt dabei ebenso in den Fokus wie der Umgang mit architektonischen Zeugnissen der Börneplatzsynagoge, die bei Bauarbeiten im Jahr 1990 geborgen werden konnten. Im Zentrum der Installation stehen die originalen Bruchstücke des zerstörten Toraschreins, die vorübergehend an ihren Ursprungsort zurückkehren.
Künstlerische Recherchen
Das Projekt “Unboxing Past” von Helgard Haug (Rimini Protokoll) nimmt die steinernen Fragmente der Synagoge im Depot des Archäologischen Museums zum Anlass, um einen Blick hinter die Kulissen musealer Arbeitspraxis zu werfen. Seit einem Jahr beobachten drei Kameras Dr. Thorsten Sonnemann beim “Auspacken” von rund 100 Archivkartons und der Inventarisierung von den steinernen Zeugnissen, die sie bewahren. Das Projekt lädt zum Nachdenken über Praktiken der Archivierens und Erinnerns ein und befragt das museale Gedächtnis, das an den materiellen Kulturgütern haftet.
Der israelische Künstler Ariel Efraim Ashbel unternimmt schon seit Längerem performative Auseinandersetzungen mit seiner jüdischen Identität. Nun hat er sich entschlossen, seine Bar Mizwa nachzuholen. Im Rahmen einer künstlerischen Residenz bereitet ihn der Frankfurter Gemeinderabbiner Soussan auf die religiöse Mündigkeit vor. In Gesprächen mit unterschiedlichsten Frankfurter*innen über Aspekte des jüdischen Lebens begibt sich Ashbel zudem auf die Suche nach jüdischen Spuren im Stadtbild, im Alltag und in den Sammlungen von Frankfurter Museen.
Eine Audio-Installation von Jochanan Shelliem präsentiert Erinnerungen von Beteiligten an den Börneplatzkonflikt im Jahr 1985. Nachdem die Stadt Frankfurt beschlossen hatten, auf dem Areal ein Gebäude für die Stadtwerke zu bauen, wurden bei den Bauarbeiten vor Ort die Fundamente von Häusern der Judengasse sowie Fragmente der Börneplatzsynagoge gefunden. Als die Stadt an den Bebauungsplänen festhielt, kam es zu einem vehementen Konflikt vor Ort, in dem es um einen angemessenen Umgang mit jüdischen Kulturzeugnissen ging.
Rahmenprogramm
Die Installationen und künstlerischen Arbeiten werden von Führungen auf dem Platz und in der Umgebung sowie Gesprächen zwischen Kurator*innen und Künstler*innen gerahmt. Podiumsdiskussionen über gegenwärtige und angemessene Formen des Erinnerns und Gedenkens in Deutschland ergänzen das Programm.
Digitale Plattform
Zum Pop Up Event wird das Online-Portal metahubfrankfurt.de gelauncht. Es erzählt die Geschichte der Börneplatzsynagoge anhand von Objekten aus des Sammlungen des Jüdischen Museums, des Archäologischen Museums und des Historischen Museum Frankfurt, die im Stadtraum verortet werden. Während der vier Tage finden laufend Testings der Plattform mit interessierten Benutzer*innen statt.