Judenbriefträger

12 April 2023

Seit dem 18. Jahrhundert gab es in Frankfurt einen inoffiziell so genannten "Judenbriefträger". Da christliche Briefträger in der Judengasse nicht arbeiten durften und viele Briefe in hebräischer Schrift adressiert waren, musste man für dieses Amt einen Juden bestellen. Der Fürst von Thurn und Taxis, der in ganz Deutschland seinerzeit das Postwesen betrieb, setzte in Frankfurt jeweils einen einheimischen Juden in dieses Amt ein. Der Berufene bekleidete sein Amt lebenslänglich. 1748 wurde Moses Marx Schuster ernannt, der das Amt auf seinen Sohn und dieser schließlich auf den Enkel übertrug. Der Judenbriefträger musste die Post beim Postbüro, dem Thurn und Taxischen Palais in der Eschersheimer Landstraße, abholen. Er hatte dabei außerhalb des Gebäudes zu bleiben, da ihm als Jude das Betreten nicht gestattet war. Dann trug er die Post in der Judengasse aus. Der Judenbriefträger erhielt kein festes Gehalt, vielmehr mußte jeder Briefempfänger ihm eine festgesetzte Gebühr bezahlen. Im Laufe der Zeit nahm diese Arbeit einen solchen Umfang an, dass sie zu einem lohnenden Geschäft wurde. Der letzte Briefträger, Isaak Hayum Schuster (1781-1850), beschäftigte zwei Gehilfen und hatte in manchen Jahren Einnahmen von mehr als 5000 Gulden. Für damalige Verhältnisse war er ein wohlhabender Mann.