Der Toraschrein der Börneplatz-Synagoge

Im Sommer 1990 wurden am Börneplatz die letzten erhaltenen Überreste der ehemaligen Synagoge freigelegt und dokumentiert. Im mit Abbruchschutt verfüllten Untergeschoß des Gebäudes entdeckten die Archäologinnen und Archäologen zahlreiche Fragmente des zerstörten Toraschreins der Synagoge. Bislang ließen sich dessen Aussehen und Dimensionen lediglich anhand historischer Texte und Fotografien rekonstruieren.

Rekonstruktion des Schreins

Einige Fotos, wie dieses von 1882, zeigen den in der Apsis stehenden Toraschrein vor und nach der 1901 abgeschlossenen Erweiterung der Synagoge, die zu seiner Verbreiterung führte. Mithilfe der Maße der erhaltenen Objekte war es möglich, die Fotos maßstäblich anzupassen. Daraus resultierte eine Befundzeichnung, in der die Steinfragmente im Denkmal verortet werden können.

Der mehrgeschossige Toraschrein dürfte demnach etwa 7 m hoch und 4 m breit gewesen sein. Er stand in der nach Osten ausgerichteten Apsis des Gebäudes. Bei den Umbauarbeiten um die Jahrhundertwende wurde der Schrein an den Seiten jeweils um mindestens 70 cm verbreitert. Nachzuweisen ist dies anhand der Fotos und eines erhaltenen, den Anbau bekrönenden Fragmentes eines Frieses. Das Halbrund ist im zweiten Geschoss in Teilen mit orangefarbigen Marmorplatten umgeben, auf denen Lorbeerzweige herausgearbeitet sind.

Der komplette Schrein war wahrscheinlich aus Marmor gefertigt. In der Sockelzone verwendete man offenbar ein dunkleres Steinmaterial, von dem derzeit aber keine Originale vorliegen. Gleiches gilt auch für die vier Säulenschäfte. Die Kapitelle, von denen nur einige Voluten erhalten sind, und zwei komplette Säulenbasen wurden dagegen aus weißem Marmor hergestellt. Die Basen liegen im Original vor. Weißer Marmor dominiert auch ansonsten das Denkmal.

Die Geschosse werden durch Gesimse gegliedert, die wahrscheinlich nur an drei Seiten ausgearbeitet waren. Das obere, abschließende Gesims ist als Kraggesims ausgeführt. Die bekrönende Kuppel dürfte einen unteren Durchmesser von 2,40 m besessen und aus sechs Segmenten bestanden haben. Vier mit Inschriften versehene Marmortafeln können derzeit noch keinem Bauteil zugewiesen werden. Ebenso lassen sich Profilleisten, aus orangem Marmor bestehende Verkleidungen, nicht exakt verorten. Sie könnten das vor dem Schrein stehende Lesepult geschmückt haben.

In der Restaurierungswerkstatt für Steindenkmäler des Archäologischen Museums wurden die Fragmente des zerstörten Toraschreins sortiert und ausgelegt. Seine Überreste sind in ihrer Unmittelbarkeit und Haptik ein seltenes und eindrucksvolles Zeugnis des Pogroms vom 9. / 10. November 1938 und der in den folgenden Monaten vollzogenen kompletten Zerstörung der Synagoge.

Einzelne Teile des Thoraschreins wurden 1996 erstmals im Museum Judengasse präsentiert. Nach der Umgestaltung des Museums Judengasse im Jahr 2016 gelangten viele der bis dahin dort ausgestellten archäologischen Objekte wieder zurück in das Archäologische Museum Frankfurt.

Seit Ende 2019 wird im Archäologischen Museum Frankfurt der mehr als 500 Fundkartons sowie einige Paletten mit Architekturteilen umfassende Fundbestand aus den Grabungen der Jahre 1987 bis 1990 am Börneplatz wissenschaftlich bearbeitet. Sie werden als Teil des Kooperationsprojekts METAhub Frankfurt in digitaler Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Spuren der Zerstörung

Die Steine zeigen die Spuren roher Gewaltanwendung. Der Toraschrein wurde nicht einfach abgebaut, vielmehr wurde er regelrecht zertrümmert.

Diese Spuren gehören zu dem Exponat. Sie dokumentieren dessen Geschichte und müssen daher erhalten werden. Das Restaurierungskonzept orientiert sich an dieser Vorgabe.

(1) Die Synagoge wurde in Brand gesetzt und dadurch zerstört. Einige Marmorteile zeigen an ihrer Oberfläche Schwärzungen durch den dabei entstanden Ruß.
(2) Werkzeugspuren und Abplatzungen an den Steinoberflächen deuten auf den Einsatz von handgeführten Hämmern und Hacken hin.
(3) Der Toraschrein und wohl auch die übrige Innenausstattung der Synagoge wurden nicht demontiert und wiederverwendet, sondern beim Abriss kleinteilig zerschlagen.
(4) Mit den Steinfragmenten wurden die Kellerräume der Synagoge verfüllt. Staub sowie der Bauschutt der roten Sandsteinfassade und der Ziegelwände hinterließen Verschmutzung an den Bruchstücken aus Marmor. Einige der Fragmente zeigen zudem Spuren von Kontaktkorrosion durch Eisenschutt.